Zum diesjährigen Tag der Bibliotheken am 24. Oktober präsentiert unsere Museumsbibliothek drei spannende Bücher aus dem Literatur-Handapparat zu unserer neuen Ausstellung Klima_X. In ihren Werken berichten die Autor*innen über ihre persönliche Sichtweise auf die Klimakrise, die Beweggründe für ihren Aktivismus und wie wir alle – auch mit einfachen Mitteln – etwas bewegen können.
Veränderung ist möglich. Solange die planetaren Krisen gesellschaftlich unterschätzt werden, werden auch die Maßnahmen, mit denen wir zu reagieren bereit sind, zu klein ausfallen, um die Erderhitzung und das Artensterben effektiv zu bremsen. Als mir klar wurde, wie akut die Klimakrise ist, veränderte sich mein Blick auf viele Debatten stark. (S. 9)
Sara Schurmann: Klartext Klima! Zusammenhänge verstehen, loslegen und effektiv handeln. Wien: Brandstätter Verlag 2022. 223 Seiten. ISBN: 978-3-7106-0607-6.
Die studierte Sozialwissenschaftlerin und Mitbegründerin des Netzwerks Klimajournalismus Deutschland Sara Schurmann plädiert dafür, dass der Klimawandel längst eine Krise ist. Wieso? Elf Fakten über die Klimakrise, das (nicht-genug-)Tun der Politik und der Einfluss klimaschädlicher Lobbys liefern die Begründung. Anschaulich schildert sie die derzeitige Situation: Wie das passieren konnte und wie unser Handeln beeinflusst wird. Sie erklärt, wie unsere Verdrängungsmechanismen wirken, warum diese so fatal sind und wie klimaschädliche Lobbys ihren Nutzen daraus ziehen. Offen erzählt sie von ihrem eigenen Verdrängen der Klimakrise und was sie zu einem Umdenken bewegte. Zudem reflektiert die Journalistin kritisch die Rolle der Medienberichterstattung und was die Medien zu der Bewältigung und Rettung beitragen (sollten).
Statt des Ignorierens der Krise braucht es eine gemeinsame Veränderung. Jetzt! Laut Schurmann ist die Klimawende nur global machbar – mit Gerechtigkeit und globaler Verantwortung. Konkret schildert sie sieben Maßnahmen. Natürlich bedarf so manches großer Handlungsprozess, z.B. die Beschleunigung der Bau- und Wärmewende. Mit den anschließenden Tipps kann trotzdem jede und jeder etwas bewirken: Sprecht über die Krise, vernetzt euch, werdet aktiv, ergreift Initiative, zeigt euch solidarisch und habt Freude an der Veränderung!
Eine Lektüre mit einer klaren Message: Jede:r kann etwas bewegen. So können wir gemeinsam die Zukunft retten!
Übrigens: Am 15. November 2022 ist Sara Schurmann bei unserem Debatten-Dienstag zu Gast. Mehr Infos findet ihr hier: Veranstaltungen | Leben & Lernen X.0
Wenn wir die Tatsache, dass wir den Planeten zerstören, zwar akzeptieren, aber nicht glauben können, sind wir nicht besser als die, die den menschengemachten Klimawandel ganz verleugnen. (S. 31)
Jonathan Safran Foer: Wir sind das Klima! Wie wir unseren Planeten schon beim Frühstück retten können. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch 2021. 327 Seiten. ISBN: 978-3-596-70470-5.
Jonathan Safran Foer ist der Meinung, man müsse in die Geschichte blicken, um zu verstehen, warum viele Menschen die Augen und Ohren vor der Klimakrise verschließen. Darum schildert er zunächst, wie Menschen sich bei entscheidenden historischen Ereignissen verhielten und hinterfragt ihre Emotionen und Handlungen. Er zeigt, dass gemeinsames Handeln in Strukturen erfolgt, die Gefühle erzeugen und alte Strukturen aus dem Weg räumen. Oft erreiche Freiwilligkeit mehr als Gesetze.
Foer beleuchtet einen weiteren interessanten Aspekt: Aktivismus nutzt Politik und Psychologie. Jedes Argument ist eine Story und manche Geschichten kommen eben besser an als andere. Im Fall der Klimakrise ist für viele die Bedrohung zu weit weg. Sie fühlen sich nicht betroffen oder denken, sie könnten nichts bewegen.
Der Autor von Tiere essen möchte unseren Planeten schon beim Frühstück vor der Klimakrise retten und das können – und sollten – wir alle: durch Verzicht auf tierischen Produkte bis zum Abendessen. Warum? Die Nutzviehhaltung ist sehr klimaschädlich und eine pflanzliche Ernährung ist die einzige Maßnahme, die direkt den Treibhausgasausstoß (CO2 und Stickoxyde) senkt. Natürlich ist die Umsetzung nicht so einfach, wie es vielleicht klingen mag. Beschämt gibt der Erfolgsautor zu, dass auch er dem Fleisch nicht ausnahmslos widerstehen kann. Doch gleichzeitig liefert er ein gutes Argument, sich von solchen Rückschlägen nicht abhalten zu lassen: Die Erde ist unser einziges Zuhause. Wollen wir Genuss darüber stellen? Mit einer Ernährungsumstellung können wir direkt etwas bewirken, denn unsere Essgewohnheiten beeinflussen direkt unser Umfeld: Fragen wir im Restaurant nach veganen Optionen, wird das Lokal bei hoher Nachfrage seine Karte anpassen. Zeigen wir Verwandten, dass der vegane Käsekuchen lecker schmeckt, begegnen sie pflanzlichem Gebäck am nächsten Geburtstag aufgeschlossener als zuvor.
Noch verhalten wir uns in Hinblick auf die Konsequenzen der Erderwärmung eher wie Babys, die sich das erste Mal im Spiegel sehen: Wir empfinden Beschämung und zeigen Meideverhalten. Wir müssen uns entscheiden: Resignieren wir und nehmen nachfolgenden Generationen die Chance auf eine Zukunft oder leisten wir Widerstand im Kampf gegen den Klimawandel?
Ein Werk, das zum Nachdenken anregt und zeigt, dass wir in unserer Untätigkeit nicht allein sind. Doch wir müssen die Verantwortung übernehmen, denn jede:r leistet einen Beitrag.
Die Entscheidung für dieses Vorhaben war eine rein private. Sie war zuvorderst egoistisch motiviert. Ich wollte mein Lebensgefühl verbessern und mein schlechtes Gewissen im Hinblick auf die Frage, was ich meinen Kindern mit meinem Leben hinterlasse, beruhigen. Ich hatte nicht die Erwartung oder gar die Absicht, dass aus diesem Entschluss mehr werden würde als ein, so dachte ich, nicht ganz einfaches, am Ende vielleicht ein wenig eigenwilliges Projekt, das mich Zeit, Energie und Geld kosten würde. (S.15)
Dirk Gratzel: Projekt Greenzero. Können wir klimaneutral leben? Mein konsequenter Weg zu einer ausgeglichenen Ökobilanz. München: Ludwig Verlag 2020. 255 Seiten. ISBN: 978-3-453-28129-5.
Dirk Gratzel ist die Grüne Null. Der erfolgreiche Unternehmer wagt ein Experiment, das weltweites Interesse auslöste: Mit seinem Projekt Green Zero hat er sich zum Ziel gesetzt, seine ökologische Bilanz auszugleichen. In seinem Buch nimmt er uns mit auf seine persönliche Reise in ein nachhaltiges Leben.
Auf seiner Mission begleitet ihn das Forscherteam um Professor Mathias Finkbeiner von der TU Berlin. Erstmals lässt sich ein Mensch seinen persönlichen bisherigen ökologischen Fußabdruck berechnen. Insgesamt 1 147 Tonnen CO2 gilt es auszugleichen. Zum Vergleich: ein durchschnittlicher Bewohner Deutschlands verursacht etwas mehr als 12 Tonnen. Unterstützung erhält Dirk Gratzel von den beiden Umweltorganisationen NABU und WWF. Ein Artikel der Zeitschrift Spiegel (daher kommt die grüne Null), verleiht dem Projekt mehr Aufmerksamkeit und verhilft ihm zu Vorträgen in ganz Deutschland. Schließlich startet er sogar eine Zusammenarbeit mit der Drogeriemarktkette DM.
Seinen bisher verursachen ökologischen Fußabdruck möchte Dirk Gratzel eigenverantwortlich kompensieren. Nach vielen Recherchen und Verhandlungen startet er die Renaturierung ehemaliger Bergwerks(ober)flächen in Nordrhein-Westfalen. Nebenbei gründet er ein weiteres Unternehmen, welches auf seinem Projekt basiert und den Namen greenzero trägt.
Ein spannender, authentischer Erfahrungsbericht, der – ohne Fingerzeigen – zum Nachdenken und Überdenken der eigen Konsumentscheidungen einlädt.
Neugierig geworden? Literatur zu unseren Ausstellungen und Sammlungsgebieten findest Du in unserer Museumsbibliothek.
Autorin: Xenia Gärtner ist Bibliothekarin im Museum für Kommunikation Frankfurt. Sie genießt die Blühwiese vor ihrem Arbeitsplatzfenster und den Besuch der Eichhörnchen auf der Bibliotheksterrasse.