Heute gibt uns Sebastian Mall als Teil des Kurator:innenreams einen Einblick in seine Arbeit an der Ausstellung, wählt sein Klimatier und erzählt, welche gesellschaftliche Veränderung er sich wünscht und was Zitronen mit dem Klima zu tun haben.

 

Kannst Du dich kurz vorstellen? Wie bist Du zu Klima_X, dem Team und dem Thema gekommen?

Gerne. Tatsächlich habe ich vor etwas über einem Jahr die Kuratorin der Ausstellung, Katja Weber, kennengelernt. Sie suchte zu dem Zeitpunkt eine Erweiterung Ihres Teams und ich suchte neue Herausforderungen. Ich hatte nach 18 Jahren in der Tischlerei und mit einem Diplom für Kulturarbeit in der Tasche wieder große Lust, in die kulturwissenschaftlichen Sphären einzutauchen. Katja Weber fragte mich, ob ich Lust habe bei der Ausstellung Klima_X mitzumachen und ich hatte große Lust dazu.

Was assoziierst Du mit dem Titel „Klima_X“?

Als der Titel sich entwickelte, fand ich ihn sofort gut. Ich sehe das „X“ als Platzhalter für weitere Worte oder Wortweiterführungen wie Klimawandel, Klimakrise, und so weiter. Und tatsächlich sah ich im aller ersten Moment das Wort Klimax auch als Höhepunkt, als Punkt, zu dem man hinsteuert. Der Titel lässt viel offen, aber gleichzeitig schaut er fokussiert darauf: Auf was steuern wir zu?

Welchem Klimatier fühlst Du dich am nächsten?

Generell den Bienchen. Das ist natürlich verbunden mit meiner Arbeit und dem Ziel der Ausstellung. Ich fühle mit meiner Bildungsarbeit um das Thema Klima herum durch die Ausstellung sehr emsig und aktiv. Und ich fühle mich der Biene auch näher, weil ich das Gefühl habe, dabei nicht allein zu sein. Um im Bild zu bleiben: Die Ausstellung als solche ist dann die Königin und ich bin eine der fleißigen Arbeiterbienen.

Als Teil des Schwarm summt Sebastian Mall als Kulturarbeiter und Tischler mit dem Kurator:innenreams von KLIMA_X. darauf zu, mit der Ausstellung einen Unterschied zu machen. Bienen ©Susanne Salmen & Andrea Kowalski, Studio it’s about.

Und worauf freust Du dich in der Ausstellung am meisten?

Ich freue mich darauf, die Gesichter der Besuchenden zu beobachten, wie sie durch die Ausstellung gehen und hoffentlich oftmals überrascht werden, Neues lernen, aber vielleicht auch auf Überforderung treffen. Dabei glaube ich, dass unsere Ausstellung den Besucher:innen das Gefühl von Überforderung nehmen kann. Sie soll das Gefühl vermitteln: Ich habe viel darüber gelernt, dass Veränderung möglich ist und dass auch ich einen Teil dazu beitragen kann.

In der Ausstellung selbst freue ich mich besonders auf den Raum der Klimapionier:innen. Hier werden Interviews gezeigt, die ich gerade mit Menschen führen, die sich auf ganz verschiedene Weisen für das Klima engagieren. Von den Interviews, die wir bisher geführt haben, weiß ich schon, dass sie sehr berührend sind. Da sind schöne gute Geschichten von Menschen dabei, die sich schon auf den Weg gemacht haben, mittendrin sind oder losgehen. Im Raum der Klimapionier:innen reden die Menschen auch über ihre Emotionen und ich glaube, das ist sehr besonders und wird bei den Besuchenden wirklich etwas bewirken. Es sind sehr persönliche Gespräche, die da geführt werden.

 

Für die Ausstellung führt Sebastian Mall Interviews mit „Changemakern“ – also Menschen, die beeindruckend auf eine Veränderung hinwirken. Foto © Sebastian Mall

 

Woran arbeitest Du aktuell in der Ausstellung?

Zurzeit bin ich viel mit Interviews beschäftigt. Diese Woche habe ich ein Interview mit Feyza Morgül, der Geschäftsführerin des Erzeugermarkts an der Konstablerwache geführt.

Es gab gesellschaftlich immer wieder große und kleine Veränderungen dessen, was als normal gilt. Einige davon wird die Ausstellung ja auch vorstellen. Hat dich eine Veränderung besonders gefreut oder beeindruckt?

Was mich gerade sehr beeindruckt ist die heutige Meldung, dass die UN das Recht auf saubere Natur als Menschenrecht anerkennt hat. Dass das gerade in dieser Zeit passiert, das finde ich großartig. In der Ausstellung sprechen wir auch über die sogenannten Klimaklage. An beiden zeigt sich, dass Politik und Gesetzgeber immer mehr verstehen, dass es ein Recht auf Natur geben muss. Dass die Natur ein Recht bekommt und dass Menschen davon hören, verändert schon ziemlich viel. Das ist ein Perspektivwechsel und eine gesellschaftliche Veränderung in den Köpfen und Herzen der Menschen, der wichtig ist, um der Natur den Wert zu geben, der wir ihr geben müssen, um unser eigenes Leben gut gestalten zu können.

Gibt es etwas, von dem Du wünschst, dass es normal wird?

Ja sehr: Ich wünschte mir, dass wir mit dem Wort Verzicht eine neue Beziehung eingehen und es als etwas wertvolles erkennen – nicht als Verlust. Am Beispiel Fliegen in den Urlaub: Ich wünsche mir, dass Menschen verstehen, dass es absolut möglich ist, ein gutes Leben ohne Flugreisen zu führen. Das hängt natürlich auch mit sich entwickelnden Bahnnetzen zusammen.

Vorletzte Woche hatte ich eine sehr schöne Begegnung mit einer befreundeten Familie, die in Brandenburg eine vierwöchige Fahrradtour gemacht hat. Sie waren jede Woche an einem anderen Ort, wo auch Freunde und Bekannte waren, und haben dort Zeit verbracht. Und ich habe lange nicht mehr so glücklich reisende Menschen gesehen. Sie waren flexibel und haben an jeder Ecke etwas Neues entdeckt. Ich wünsche mit einem offeneren, kreativeren Umgang damit, was es bedeutet zu reisen, da könnten wir ein ganzes Stück vorankommen.

 

In der Ausstellung geht es viel um Verhalten und Verhaltensänderungen. Hast du einen persönlichen Tipp oder eine Strategie, gegen den inneren Öko-Schweinehund anzugehen?

Aus eigener Erfahrung: Ich glaube der Mensch setzt sich Ziele immer zu hoch und daran scheitern wir. Es hilft, wenn man jeden Tag einen kleinen Schritt tut und neugierig ist.

Beispielsweise habe ich gestern einen Text über die Zitrone für die Ausstellung geschrieben. Die Zitrone ist ein Nahrungsmittel, Würzmittel und Reinigungsmittel. Wir können die Zitrone viel öfters verwenden. Man kann mit der getrockneten Zitronenschale auch super ein Feuer anmachen. Sich mit den Dingen, die uns täglich umgeben, auseinanderzusetzen und sich zu Fragen: „Was kann ich damit noch machen“, kann einen großen Einfluss haben. So sind es diese kleinen Schritte, die einen großen Einfluss darauf haben können, dass wir unsere Perspektive wechseln.

Vielen Dank für das Interview und ich freue mich schon auf die Eröffnung von Klima_X!

Interview geführt von: Swenja Hoschek ist wissenschaftliche Volontärin am Museum für Kommunikation Frankfurt. Sie isst gerne vegan, aber Crêpes durchkreuzen diesen Plan zuweilen.